Das zweite Konzert im Rahmen der Piano Solo-Reihe in der Stadthalle ist geprägt von einem rein barock-klassischen Programm. Pianistin wird mit viel Beifall belohnt.
Von Martin Suthe
Tamar Beraia sitzt am Piano und überzeugt das Publikum in der Olper Stadthalle. Sie spielt Stücke von JeanPhilippe Rameau, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. Foto: Martin Suthe
Olpe. Auch das zweite Konzert der Piano Solo-Reihe nach der coronabedingten Pause offenbarte einen Klavierabend von höchster Qualität. Nachdem eine Woche zuvor Aaron Pilsan mit Schubert und Schumann brilliert hatte, überzeugte am Freitagabend die Pianistin Tamar Beraia mit einem rein barockklassischen Programm.
Werke von Rameau
Beraia begann das Konzert mit vier Werken des französischen Komponisten Jean-Philippe Rameau. Rameau, einer der bedeutendsten französischen Barockkomponisten, entwickelte einen schwungvollen, brillanten und robusten Klaviersatz mit vielen Eigentümlichkeiten im Stile Scarlattis. Beraia vermochte es in den beiden ersten Sätzen Les Tendres Plaintes & Rappel des Oiseaux aus der Suite Pieces de Clavecin die extreme Transparenz und Verzierungskunst bei rhythmischer Gleichmäßigkeit herauszuarbeiten. Die etwas melancholisch, echohaft wirkenden Sätze Les Sauvages und La Poule aus den Nouvelles Suites bildete sie mit einem klanglichen und dynamischen Feinsinn ab, der selten so zu hören ist.
Im Anschluss daran demonstrierte Tamar Beraia mit der wohl bekanntesten Englischen Suite in g-Moll ihre gesamte Spannweite an pianistischen Gestaltungsmöglichkeiten. Schon das lange Praeludium wusste sie mit großer Musizierlust und kraftvoller Vitalität zu gestalten. Auch in der Sarabande vermochte sie es, den leidenschaftlich, enharmonisch dissonanten Charakter des Satzes darzustellen. Die anschließende bewegte Gavotte mit ihrer gegensätzlichen Musette wusste sie mit einem differenzierten Anschlag darzustellen. Mit der stürmischen Gigue überzeugte sie zum Abschluss auch mit einer großartigen polyphonen Interpretation.
Sonate von Joseph Haydn
Nach der Pause erklang mit der Sonate Nr. 62 Es-Dur Hob. XVI:52 die Spitze des Sonatenschaffens Joseph Haydns. In dieser Sonate schaffte es Beraia der formalen Gestaltung und dem inneren Reichtum der Sätze mit brillanter und ausgefeilter Technik zu begegnen. Vor allem die vollgriffigen Akkorde des ersten Satzes und die Tiefgründigkeit des zweiten Satzes wusste sie klanglich wunderbar darzustellen.Die enorme Virtuosität des dritten Satzes wurde von Beraia mit einem ausgefeilten Wechselspiel zwischen Legato und Non-Legato Skalen gespielt, wodurch auch die vielen harmonischen Wendungen deutlich erkennbar wurden.
Bagatellen von Ludwig van Beethoven
Zum Abschluss des Konzertes präsentierte Tamar Beraia mit den Sieben Bagatellen Op. 33 von Ludwig van Beethoven ein Frühwerk des Komponisten, das unverständlicherweise selten in den Konzerthäusern zu hören ist. Beethoven schafft mit den Bagatellen ein neues Genre, das kleine Klavierstück, das später im 19. Jahrhundert noch große Beliebtheit erlangen sollte. Beraia vermochte es den einerseits leicht, wie zufällig improvisierten Charakter der Stücke, wie in Nr. 1 und 3 dargestellt, mit den kunstvolleren, abgerundeten Charakteren in Nr. 5 und 6 zu vereinen. Die Künstlerin erweckte, trotz der unterschiedlichen Charaktere der Bagatellen ein Gefühl des leicht improvisatorisch Hingeworfenen. Das Olper Publikum dankte der Künstlerin mit tosendem Applaus und Standing Ovation.
Westfalenpost 20.09.2021
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