Das letzte Konzert des Klavierfrühlings war exemplarisch für je-nes Klavierspiel, welches in dieser Konzertreihe gepflegt wird: Pianistisches Können als Voraussetzung für höchst individuelle, aufregende, immer dem Komponisten entsprechende Interpretationen.
Die junge Georgierin Tamar Beraia vereinigt alle Eigenschaften, die großes Künstlertum ausmachen: Dass sie über eine fehlerlose Technik verfügt, ist nicht das Wesentliche. Entscheidend ist, wie sie diese einsetzt: Ihre Interpretationen bleiben nie an der Oberfläche: Schon bei der von Busoni bearbeiteten Bach-Chaconne und der b-moll Sonate von Chopin hörte man einen staunen machenden Reichtum an Klangfarben und dynamischen Nuancen, die nicht im Notentext zu verankern, aber vom Zuhörer erlebbar sind. Der Zy-klus über das Kind Jesus von Messiaen wird von manchem Musik-freund als sperrig und mühsam zu hören eher vermieden.
Frau Beraia aber webte im Stück über die “Premiere Communion” der Jungfrau Maria einen Hauch von bezaubernder Poesie. Ohne Wag-ner bekommt man heuer fast kein Konzert zu hören: Hier aber starb Isolde deren von Liszt bearbeiteten Liebestod jugendlich jubilie-rend, ganz ohne Traurigkeit. In eine andere Welt der Emotionen führte Frau Bereira mit den spanischen Klängen aus “Iberia” von Albeniz. Raffiniert eingesetzte dynamische Nuancen ließen eine Welt der Leidenschaft entstehen, immer mit einem Hauch von Me-lancholie verwoben. Liszt machte den Schluss des Abends mit einem dämonisch fesselnden Mephistowalzer: Das war keine Demonstration von Virtuosität, sondern eine Ton gewordene Seelenlandschaft.
C.H.
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