Text: Irène Maier
Sie ist jung, attraktiv und hochbegabt. Die Pianistin Tamar Beraia aus Georgien entfacht bei ihren Konzert-Auftritten wahre Begeisterungsstürme. Bei ihr sieht alles so leicht, so natürlich aus und doch entströmt ihrem Spiel eine unglaubliche Intensität und Ernsthaftigkeit.
Geboren und aufgewachsen ist Tamar Beraia in Tiflis und hat dort auch ihr Musikstudium absolviert. Als fünfjähriges Kind wurde sie – zusammen mit ihrer ein Jahr älteren Schwester – von der Mutter, die als Pianistin schon früh die Begabung ihrer Töchter erkannt hatte, an das Klavier herangeführt und gezielt gefördert. Im Gegensatz zur Schwester, die sich sofort mit der Musik wohlfühlte, spielte die sehr bewegliche, sportliche Tamara lieber Fussball mit den Jungen aus der Nachbarschaft und zeigte auch darin viel Talent. Dies änderte sich, als sie am Tifliser Paliaschwili-Gymnasium für begabte Kinder eine Klavierlehrerin zugeteilt erhielt, die sie motivieren und in ihr die Begeisterung für die Musik wecken konnte. Mit ihr an der Seite bestritt sie als Neunjährige ihren ersten internationalen Klavierwettbewerb in Vilnius (Litauen) und gewann prompt den ersten Preis.
Nach diesem Erfolg rückte die Musik an die erste Stelle und der Weg in die Richtung einer zukünftigen Musikerlaufbahn war vorbereitet. Nach zehn Jahren Treue zu ihrer ersten Lehrerin, wechselte die inzwischen bereits konzerterfahrene Jungpianistin ans Saradjischwili-Konservatorium, wo sie bei einer ausgezeichnete Musikerin und Pädagogin ihr Studium fortsetzte und es mit dem Meister-Diplom als Solistin abschloss. Die Liebe hat die junge Georgierin bewogen, ihr Heimatland zu verlassen und in die Schweiz zu ziehen. Seither hat sie hier eine kleine Familie und ihren festen Wohnsitz.
Immer häufiger wird die Künstlerin mit der blendenden Technik und einer tief empfundenen Musikalität zu Konzerten im In- und Ausland eingeladen. Mit derselben Natürlichkeit, mit der sie das Konzertpodium betritt, spricht sie im persönlichen Gespräch über ihr Leben und ihre musikalischen Präferenzen. Da sticht ein Komponist besonders hervor, der sie wie ein Gefährte auf ihrem musikalischen Weg begleitet. “Es gibt keinen andern Komponisten, der mir so nahe steht wie Ludwig van Beethoven. In seinen Werken finde ich die Emotionen, die ich in der Musik suche und ausdrücken will. Hier ist alles enthalten, was den Menschen ausmacht: Gefühle, Poesie, starker Wille, auch Eigenwilligkeit. Wenn ich Beethoven spiele, fühle ich mich wohl und kann mich am besten ausdrücken.” Beethoven erscheint auch auf vielen ihrer Konzertprogramme und hat schon sehr früh eine wichtige Rolle in ihrer Musikerlaufbahn gespielt. Als 17-jährige wählte sie am Internationalen Klavier-Wettbewerb in Tiflis die Hammerklaviersonate von Beethoven. Die wenigsten Leute trauten einem so jungen Mädchen den Erfolg mit diesem bedeutenden, schwierigen Werk zu. Aber sie glaubte an sich und unterstützt von ihrer Professorin gelang ihr das scheinbar Unmögliche: Sie gewann den ersten Preis.